Flüsse drängen in den Vordergrund: Flussbegradigungen und -vertiefungen für die Schifffahrt. Staudämme für Stromgewinnung. Artensterben und sich verringernde Wasserqualität durch Abwässer aus Industrie und Landwirtschaft. Sinkende Pegelstände durch anhaltende Dürreperioden. Die Katastrophe im Ahrtal durch Extremwetter. Aber auch: Städte, die sich ihren Flüssen wieder zuwenden. Renaturierung von Flüssen und Flusslandschaften. Einrichten von Fischtreppen, damit Lachse oder Aale wieder die Flüsse bevölkern können. Die wenigen Stichpunkte verweisen auf die zentrale Bedeutung der Flüsse für Verkehrsinfrastrukturen und wirtschaftliche Zusammenhänge, aber auch auf unzählige Krisen und Hoffnungspotenziale. Die Aspekte deuten dabei etwa auf Probleme, die sich durch den Einsatz von Technologien (z. B. zur Energiegewinnung) oder die physische Umgestaltung in Flusslandschaften ergeben. Flüssen kommt dabei auf Grund ihres ökonomischen wie ökologischen Stellenwerts eine hohe politische Relevanz zu. Sie sind Gegenstand grenzüberschreitender gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse und ebenso eng mit Debatten verbunden, die Fragen von Umweltverschmutzung, Klimakrise und Biodiversitätsverlust betreffen.
Welche Argumentationen, Diskurse und Potenziale bündeln sich in Flüssen? Wie können Flüsse, ihre Geschichte(n) und die mit ihnen verknüpften Zukunftsvisionen vor dem Hintergrund multipler Gegenwartskrisen eingeordnet werden? Wie prägten die politischen, ökonomischen und kulturellen Transformationen des 20. und 21. Jahrhunderts die Flüsse und unser Bild von ihnen? Und umgekehrt: In welcher Weise spiegeln sich diese in ihnen?
Unter dem Motto „Politik im Fluss“ möchten wir Transformationsszenarien und (historische) Zukunftsvisionen von Wasserwegen im Zusammenhang gegenwärtiger, auch klimawandelbedingter Krisen analysieren. Es geht uns um den Blick auf die drängenden Probleme der Fluss-Politiken und deren Konsequenzen, die sich in Zeiten sinkender oder plötzlich steigender Pegelstände entfalten und den Status dieser wichtigen Energielieferanten und Handelswege in Frage stellen. Zugleich interessieren uns die historischen Entwicklungslinien entlang von Diskursen der Naturbeherrschung und Industrialisierung, die wir im Hinblick auf ihre Folgen für diese fluiden Geographien ausleuchten möchten.
Wir sind interessiert daran, geistes- und sozialwissenschaftliche sowie umweltgeschichtliche und naturwissenschaftliche Sichtweisen zur Frage nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Flüsse in einen Dialog zu bringen und verschiedene Wissensbestände, Öffentlichkeiten und Mediatisierungen zu betrachten: von naturwissenschaftlichen und technischen Fragen zu Flüssen, ihrer Erforschung und Umgestaltung sowie den sich daraus ergebenden Konsequenzen, über Fragen zur Rolle von politischen und wissenschaftlichen Akteur:innen (wie Klimaaktivist:innen und Bürgerwissenschaften), bis zu ökonomischen Fragen hinsichtlich grüner Energiezukünfte und Problematiken der Renaturierung einbetonierter Wasserwege zur Erhöhung der Biodiversität oder Restaurierung zerstörter Flusslebenswelten. Neben gesellschaftspolitischen Debatten und historischen Einordnungen sind wissensgeschichtliche und kulturwissenschaftliche Beiträge willkommen, die Deutungsangebote von Flusswelten angesichts von Industrialisierung, Ökonomisierung der Natur und deren politischen Dimensionen in Literatur, Theater, Film und Populärkultur bearbeiten.
Interessierte Autor:innen werden gebeten, bis zum 3. Mai 2024 einen Themenvorschlag mit einer kurzen Skizze (max. 1 Seite) einzureichen. Senden Sie diesen bitte an redaktion@berlinerdebatte.de. Die Redaktion entscheidet bis Ende Mai 2024 über die Annahme der Vorschläge.
Der Artikel sollte einen Umfang von 45.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen und Literaturliste) nicht überschreiten. Es gelten die Hinweise der Zeitschrift zur Veröffentlichung (https://www.steiner-verlag.de/brand/Berliner-Debatte-Initial). Einsendeschluss für die fertigen Manuskripte ist der 01.09.2024. Das Heft soll Ende 2024 erscheinen.
Bei Interesse und Fragen wenden Sie sich bitte an redaktion@berlinerdebatte.de.
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